Produktiv im Schlafanzug?

Das Für und Wider von Homeoffice

Beitrag teilen:

Seit 2020 ist die Arbeitswelt eine andere. Mittlerweile sind die meisten Unternehmen wieder zurückgekehrt zu ihrer gewohnten Routine. Doch eine Sache hat sich deutlich verändert: Immer mehr Menschen können und wollen von zuhause arbeiten. Doch ist das wirklich eine gute Idee? Homeoffice: ja oder nein? 

Während 2023 noch 23,5 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland zumindest gelegentlich von zu Hause aus arbeiteten, zeichnet sich für 2025 ein gegenläufiger Trend ab. Laut einer Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens KPMG, das weltweit über 1.300 CEOs befragte, wünschten sich Ende 2024 bereits 79 Prozent der Unternehmensleiter eine verstärkte Präsenz ihrer Mitarbeitenden im Büro. Anfang 2024 lag dieser Wert noch bei 34 Prozent. Dafür versuchten 86 Prozent der Befragten, ihre Beschäftigten mit attraktiveren Aufgaben, Gehaltserhöhungen oder Beförderungen zurück ins Büro zu locken. 

Doch dieser Wandel in der Unternehmenskultur bleibt nicht ohne Folgen. Das Randstad Arbeitsbarometer 2025 zeigt, dass der Zwang zur Büropräsenz vermehrt zu Jobwechseln führen könnte. In der Tech-Branche haben bereits 40 Prozent der Befragten aufgrund strenger Richtlinien gekündigt, weitere 56 Prozent erwägen diesen Schritt, falls ihre Flexibilität eingeschränkt würde. Andersherum zeigt eine PWC-Studie von 2025, dass mittlerweile 60 Prozent der Fachkräfte bei der Wahl des Arbeitgebers darauf achten, dass sie mindestens einen Tag pro Woche remote arbeiten dürfen. Wer als Arbeitgeber
attraktiv bleiben will, sollte sich in Sachen
Homeoffice also flexibel zeigen. 

Bleibt, wo ihr seid!

Der größte Vorteil von Homeoffice liegt auf der Hand: Wer keine Mitarbeitenden vor Ort hat, spart so einiges an Geld. Wenn weniger Bürofläche nötig ist, sparen Unternehmen Miet- und Nebenkosten. Auch Strom, Wasser und das Geld für den sonst so beliebten Gratis-Kaffee oder den Obstkorb sinken deutlich. Laut einer Studie von PwC Deutschland können Unternehmen durch einen Flächenabbau von 20 Prozent eine Kostenersparnis von bis zu 12 Prozent über einen Zeitraum von zehn Jahren erzielen.

Zusätzlich zu den Einsparungen bei Büroflächen haben Unternehmen während der Corona-Pandemie erhebliche Kosten durch den Wegfall von Dienstreisen eingespart. Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass im Jahr 2020 etwa 11 Milliarden Euro eingespart wurden, da Geschäftsreisen pandemiebedingt ausblieben und durch virtuelle Meetings ersetzt wurden. Indirekt kommt KMU ebenso zugute, dass sie mehr Arbeitskraft für ihr Geld bekommen. Denn eine großangelegte Studie unter der Leitung des Stanford Professors Nicholas Bloom stellte über den Lauf von zwei Jahren fest, dass Mitarbeitende im Homeoffice effizienter arbeiteten. Die Gründe dafür seien naheliegend: Es gab keine Pendelzeiten und die Mitarbeitenden konnten private Verpflichtungen deutlich leichter mit ihrer Arbeit verbinden. So konnten sie sich besser auf ihre Arbeit konzentrieren und hatten auch mehr Zeit, sich vorm nächsten Arbeitstag zu erholen. 

Allein, aber grün

Auch könnte die höhere Effizienz auch daran liegen, dass es im Homeoffice deutlich weniger Schwätzchen in der Kaffeeküche gibt – aus naheliegenden Gründen. Doch die Stanford-Forschenden fanden auch einen Nachteil: Manche der befragten Mitarbeitenden berichteten, dass sie sich gelegentlich einsam fühlten. Denn in manchen Fällen leidet die Kommunikation im Team unter der räumlichen Trennung. Spontane Absprachen und informeller Austausch, die im Büroalltag selbstverständlich sind, müssen im Homeoffice bewusst organisiert werden – ein zusätzlicher organisatorischer Aufwand. Deshalb kann ein Chat-Programm wie Teams oder Slack für überwiegend remote arbeitende Teams Gold wert sein. Denn über diese Kanäle lässt sich auch etwas menscheln und somit das Miteinander stärken. 

Ein oft übersehener Vorteil des Homeoffice ist die positive Auswirkung auf die Umwelt. Wenn Mitarbeitende nicht mehr für Besprechungen oder Sales-Pitches quer durch die Republik fahren oder fliegen und auch die tägliche Fahrt ins Büro entfällt, sparen Mitarbeitende und Arbeitgeber zusammen enorm viel CO2. Laut dem Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) könnten rund fünf Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, wenn 40 Prozent der Arbeitnehmenden an zwei Tagen pro Woche im Homeoffice arbeiten würden.

Auch auf die Gesundheit der Mitarbeitenden könnte sich das Homeoffice positiv auswirken. Denn wer Zeit beim Pendeln spart und zudem in der Nähe der heimischen Dusche arbeitet, kann in der Mittagspause auch mal joggen oder ins Gym gehen. Ebenso können sich die Mahlzeiten zuhause bewusster, gesünder und nachhaltiger gestalten, als das in den meisten Betriebskantinen oder beim Snack vom Bäcker um die Ecke der Fall ist.  Für Führungskräfte bedeutet Homeoffice einen Paradigmenwechsel. Teams auf Distanz zu führen, erfordert neue Kompetenzen. Sie müssen lernen, digital zu kommunizieren – und vor allem zu vertrauen, statt zu kontrollieren. Zudem müssen sie sich Gedanken über die Cybersicherheit und die Compliance machen. Denn wenn Mitarbeitende mit ihren eigenen Geräten auf das Firmen-Netzwerken zugreifen, können sich dort Sicherheitslücken auftun. Darüber sollten sich Unternehmen spätestens im Jahr 2025 aber ohnehin im klaren sein, da private Smartphones in Firmennetzen längst gelebte Realität sind. 

Wir haben es also mit einer Grundsatzfrage zu tun: Homeoffice – ja oder nein? Homeoffice bietet für KMU sowohl wirtschaftliche als auch kulturelle Chancen, bei gleichzeitigen strukturellen Herausforderungen. Während Einsparungen bei Büroflächen und Dienstreisen in Milliardenhöhe locken, sind Investitionen in Führungskompetenz, Kommunikation und IT-Sicherheit unabdingbar. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Mit einer durchdachten Strategie kann Homeoffice mehr sein als ein Kriseninstrument – nämlich ein echter Wettbewerbsvorteil im Wandel der Arbeitswelt.

Mehr spannende Artikel